Olbernhau: Mit den Lostagen, also den Bauernregeln, die vom Wetter eines einzelnen Tages auf den weiteren Verlauf, ja sogar für Wochen im Voraus schließen lassen, ist das mitunter so eine Sache. Sie genießen zwar einen gewissen Beliebtheitsgrad, aber die Trefferquote liegt mitunter nahe an der Kaffeesatzleserei. Zufall oder nicht, anders sieht es mit einer Bauernregel für den September aus. „So wie das Wetter an Ägidius (1. September) so es vier Wochen bleiben muss“. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es natürlich auch hier nicht, aber die Siebenschläferregel (27. Juni) stellt sie allemal in den Schatten.
Bestes und jüngstes Beispiel ist der September 2023. Nun darf man bei der Auslegung vielleicht auch nicht allzu pingelig sein und sollte immer die Tage um diesen bewussten Tag im Blick haben. Denn am 1. des Monats regnete es am Abend und das mit 8,9 Litern pro Quadratmeter ausgerechnet die größte Tagesmenge des Monats. Danach allerdings lief der Spätsommer von Tag zu Tag mehr zur Hochform auf.
Noch vor Ablauf der zweiten Dekade war am 18. bereits das Soll der Sonnenscheindauer erreicht. Aber die Sonne hatte noch lange nicht genug. Bis zum Monatsende stellte sie mit 245 Stunden einen neuen Rekord der letzten 20 Jahre auf. Laut Mittel wären 156 Stunden normal gewesen. Das entspricht rund 8 Tage mit ganztägigem Sonnenschein mehr als üblich. Das blieb natürlich nicht ohne Auswirkung auf die Tagestemperaturen, die bis auf 29 Grad am 12. stiegen.
Bester Indikator hierfür ist die Anzahl der Sommertage, also jene wo 25 Grad oder mehr erreicht werden. Hier ist die Spanne ziemlich groß. In jedem dritten September gibt es gar keinen, oft sind es ein bis drei Sommertage. Der bisherige, nicht einholbar geglaubte Rekord mit acht Sommertagen, ist noch gar nicht so lange her und stammt aus dem Jahr 2018. In diesem September jedoch wurde an sagenhaften elf Tagen eine Temperatur über 25 Grad gemessen.
Die Sonne allein konnte diese Rekordleistung allerdings nicht vollbringen. Hier halfen ehemalige Hurrikans, die nun über den britischen Inseln bzw. dem Nordatlantik liegend als normale Tiefs fungierten und im Zusammenspiel mit sich abwechselnden Schönwetterhochs über Mitteleuropa, die Warmluft aus dem Südwesten regelrecht auch nach Deutschland saugten. Mit Ablauf des September war die Jagd nach Sommertagen jedoch noch nicht beendet, denn am 2. und 3. Oktober wurden mit 25,7 und 25,6 Grad Oktoberrekorde geknackt. Für das gesamte Sommerhalbjahr bedeutet das nun eine Anzahl von 53 Sommertagen, sechs mehr als im Rekordsommer 2003!
Das eigentlich im September übliche Thema Nachtfrost spielte dagegen in diesem Jahr so gut wie gar keine Rolle. Lediglich am 25. sank die Temperatur an der Messstation in Bodennähe auf 0,9 Grad. Das heißt, in ungünstigeren Muldenlagen und an Flüssen waren die Wiesen vor Sonnenaufgang kurz weiß.
An Niederschlag fielen lediglich 15,8 Liter pro Quadratmeter, was nur 23 Prozent der üblichen Menge entspricht. Auf der Suche nach einem noch niederschlagsärmeren September muss man in der Olbernhauer Statistik 41 Jahre zurückblättern. Damals, 1982, fielen nur 11,2 Liter und im Jahre 1959 waren es gar nur 1,7 Liter pro Quadratmeter. Für das Wetter ist es also gar nicht so einfach neue Rekorde aufzustellen. Es ist nur eine Frage, wie weit man zurückschaut und ob da überhaupt schon gemessen wurde.
D. Christoph