Häufige Frage: Was wird aus unserem Eigenheim, wenn wir unser Unwohlsein tatsächlich durch Trennung oder Scheidung beenden?
Zunächst muss man wissen, dass eine Ehescheidung nicht davon abhängt, ob sich die Eheleute, die meist beide zu 1/2 im Grundbuch eingetragen sind, auch zum Schicksal des Grundstücks verständigten. Ohne Einigung bleiben beide nach der Scheidung als Miteigentümer verbunden, mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten, die das BGB regelt. Sinnvoll ist es dennoch, das Trennungsjahr zu nutzen, um auch für das Haus eine akzeptable Lösung zu finden. Das hat den Vorteil, dass zum Scheidungstermin tatsächlich „alles“ geregelt ist und im Nachgang kein neuer Streit entstehen kann, wie z. B. die Frage, welche Investitionen wirklich notwendig sind.
Oft bestehen noch Hausverbindlichkeiten, die nach der Trennung nur einer zahlt, meist der, der im Hausgrundstück verblieb. Der ausgezogene Partner ist trotz seines Auszuges in Höhe der Hälfte der Hausverbindlichkeiten im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs dem anderen gegenüber verpflichtet. Im Gegenzug stehen dem ausgezogenen Partner meist Nutzungsvergütungsansprüche gegenüber dem Partner zu, denn der Ausgezogene profitiert ja nicht mehr durch eigenes Wohnen vom Hausgrundstück. Wenn beide Ansprüche in ziemlich gleicher Höhe bestehen, droht keine Gefahr, da sie sich ja oft „unter dem Strich“ aufheben. Anders aber, wenn die hälftigen Kreditbelastungen niedriger sind als die Nutzungsvergütungsansprüche des anderen Beteiligten.
Während der Zeit bis zur rechtskräftigen Ehescheidung halten sich mögliche Nutzungsvergütungsansprüche gegenüber dem im Haus lebenden Ehegatten noch in Grenzen. Teurer wird dies aber ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung, denn dann ist der objektive Wohnwert der lmmobilie zugrunde zu legen. Bewohnt der im Haus verbliebene Ehegatte eine lmmobilie mit einer Grundfläche von z. B. 100 qm und wird z. B. ein Wohnwert von 6,00 Euro/qm festgestellt, sprechen wir immerhin von ca. 600,00 Euro monatlich. Im konkreten Fall wären das, wenn keine Hauskredite mehr zu tilgen wären, monatlich 300,00 Euro‚ die gemäß §745 Abs. 2 BGB verlangt werden könnten.
Wer meint, den anderen Miteigentümer auf lange Zeit hinhalten zu können, indem er keine oder nur unangemessene Angebote zur Regelung des Hausgrundstücks unterbreitet, ist langfristig nicht gut beraten, denn der andere Beteiligte wird ggf. „Zeit schinden“, also Monat für Monat vergehen lassen und später ggf. seine Ansprüche als Geltendmachung addieren und als Gesamtsumme geltend machen, daneben noch laufende Nutzungsvergütung fordern oder Zustimmung zum Verkauf an Dritte verlangen.
Wer um diese Folgen weiß, wird bemüht sein, dem anderen Partner zeitnah ein faires, angemessenes Angebot zu unterbreiten zur Übernahme dessen hälftigen Miteigentumsanteil. Wenn dieser z. B. 40.000,00 Euro wert ist und keine Hausverbindlichkeiten mehr bestehen, macht es Sinn, diesen Betrag zu finanzieren, statt lange zu feilschen. Wenn noch Hausverbindlichkeiten bestehen, die übernommen werden sollen, wird sich der Abgeltungsbetrag natürlich niedriger beziffern.
Hofft der im Hausgrundstück lebende Partner, dass er den Anteil des Anderen weit unter Wert oder zum Nulltarif bekommen kann, geht er schlicht das Risiko ein, dass der andere Partner sich dann eher darauf konzentriert, seine Nutzungsvergütungsansprüche gerichtlich geltend zu machen und seinerseits die Sache „auszusitzen“. Jeder Monat, der dann so vergeht, kostet zusätzlich Geld, was man eigentlich ja nicht ausgeben wollte. In allen Fällen gilt, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen Positionen mit Respekt und realistisch beurteilen sollten.
Derjenige, der weicht und weiß, dass der andere Beteiligte aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, den vollen Wert des hälftigen Miteigentumsanteils auszuzahlen, ist gut beraten, wenn er von seinen eigenen Vorstellungen Abstriche macht und sich dennoch vergleichsweise verständigt, damit eben nicht Dritte vom Streit profitieren. Ein Anderer, der einen möglichst geringen Auszahlbetrag anbieten möchte, sollte selbst gegenprüfen, ob er, wenn er in der Situation des anderen Beteiligten wäre, sein eigenes Angebot für „fair“ halten würde und ob es tatsächlich dienlich ist „so hoch zu pokern“.
Und seien wir ehrlich: Natürlich stimmt es, dass man Kraft und Herzblut in das Anwesen gesteckt hat. Auch ist in vielen Fällen richtig, dass man das Hausgrundstück auch für die Kinder mit erbaut hatte. Die Realität ist aber oft, dass die groß gewordenen Kinder später andere Lebenspläne verfolgen. Das, was vor 20 oder 30 Jahren einvernehmlich gewollt und geplant war, war damals sicher richtig und wurde auch gelebt. Im Trennungsfall muss aber nach Lösungen gesucht werden, die der jetzigen Interessenlage der Beteiligten gerecht wird. Insofern sollte man sich selbst fragen, wie weit man auf den anderen Beteiligten noch zugehen kann, um doch noch eine außergerichtliche Verständigung zu finden, um Zeit und Geld für eine gerichtliche Auseinandersetzung zu sparen. Nur so hat man die Dinge noch selbst in der Hand und macht sich nicht abhängig vom Lauf eines gerichtlichen Verfahrens.
Rechtsanwältin Anja Pankow – zugleich Fachanwältin für Familienrecht –