Eheleute leben gemäß § 1363 BGB im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwa anderes vereinbart haben. Zu DDR-Zeiten lebten die Eheleute im Güterstand der „ehelichen Vermögensgemeinschaft“. Die jetzige Zugewinngemeinschaft ist durchaus etwas anderes. Hierzu regelt § 1363 Abs. 2 BGB: „Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten. Dies gilt auch für Vermögen, dass ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.“ Jeder Ehegatte behält also auch nach der Eheschließung sein Vermögen in seinem eigenen „Topf“ und beide „Töpfe“ werden nur ausgeglichen im Erbfall oder im Fall der Scheidung. Im Scheidungsfall funktioniert dies so, dass für jeden Ehegatten zunächst der erworbene Zugewinn ermittelt wird. Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen des Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt. Anfangsvermögen ist, was zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden war. Endvermögen ist, was zum Zeitpunkt des Zugangs des Scheidungsantrages vorhanden war, also nicht, wie irrtümlich oft angenommen, das Vermögen, das zum Trennungszeitpunkt vorhanden war.
Wenn der Zugewinn des Einen den Zugewinn des Anderen übersteigt, so steht die Hälfte des Überschusses dem Anderen als Zugewinnausgleichsforderung zu. Ein fiktives Beispiel hierzu:
Die Eheleute hatten am 01.05.1991 die Ehe geschlossen. Nach Scheitern der Ehe wurde der Scheidungsantrag am 10.02.2016 zugestellt. Im Anfangsvermögen hatte die Ehefrau ein Vermögen von 5.000,00 €, im Endvermögen einen Betrag von 10.000,00 €, ergibt also bei der Ehefrau einen Zugewinn von 5.000,00 €. Der Ehemann dagegen hat einen Zugewinn von 20.000,00 € erwirtschaftet. Nun rechnet man so: 20.000,00 € Zugewinn Ehemann – 5.000,00 € Zugewinn Ehefrau = 15.000,00 €, geteilt durch 2 = 7.500,00 €. In diesem fiktiven Fall müsste also der Ehemann an die Ehefrau 7.500,00 € Zugewinn zahlen.
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, den Zugewinn auf der Basis solcher konkreter Stichtage im Bilanzwege zu regeln. Um hier Rechtsnachteile zu vermeiden, ist es unbedingt wichtig, schon während der Ehezeit einen Überblick über die wechselseitigen Vermögenswerte zu haben (Guthaben Girokonto, Lebensversicherungen, Bausparverträge usw.).
In einigen Fällen ist es nun so, dass ein Ehegatte versucht die Gutmütigkeit oder Unwissenheit des anderen Ehegatten auszunutzen und dann noch während der Trennungszeit sein Vermögen „nach unten“ manipuliert. Auf solche Manipulationsversuche hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich reagiert und in § 1379 BGB geregelt, dass der andere Ehegatte nicht nur Auskunft zum Endvermögen verlangen kann, sondern auch Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung. Wenn das Endvermögen nämlich plötzlich niedriger ausfällt als zum Zeitpunkt der Trennung und der andere Ehegatte hierfür keine triftigen Gründe vortragen kann, wird dem anderen Ehegatten letztlich dieses „verschwundene“ Vermögen fiktiv zugerechnet, sodass illoyale Vermögensverschiebungen nicht akzeptiert werden.
Allerdings ist es in der Praxis bei fehlenden Unterlagen oft schwierig konkrete Zweifel an der Auskunft des anderen Ehegatten darzustellen. Deshalb der Rat: Schon frühzeitig respektvoll aber konsequent Auskunft zu den jeweiligen Vermögenswerten abfordern und auch entsprechende Belege in Kopie sicherstellen! Niemand muss im Zweifel bei einem Anwalt sofort ein Mandat begründen. Oft reicht zunächst eine Erstberatung, um auf diese Weise besser einschätzen zu können, wie man künftig agieren sollte.
Ein weiterer Rechtsirrtum besteht darin, dass viele Eheleute meinen, dass es genügt zur Frage Zugewinnausgleich individuelle schriftliche Parteivereinbarungen zu schließen, die nicht notariell beurkundet werden. Solche sind schlicht unwirksam, also das Papier nicht wert. Vereinbarungen zum Zugewinnausgleich sind im Streitfall nur wirksam, wenn diese notariell beurkundet wurden oder wenn beide Eheleute im Scheidungstermin anwaltlich vertreten sind und entsprechende Vereinbarung gerichtlich protokolliert wird.
Am fairsten ist es, wenn beide Eheleute durch eine individuelle Vereinbarung zunächst vereinbaren, seit wann sie getrennt leben. Wenn der andere Ehegatte solche Bestätigung zum Getrenntlebenszeitpunkt ablehnt, liegt die Vermutung nicht fern, dass dieser später doch nicht fair agieren möchte. Dann sollte klargestellt werden, welchen Trennungszeitpunkt der betroffene Ehegatte für relevant hält und sollte der andere Ehegatte zur Auskunft zum Trennungsvermögen aufgefordert werden, um spätere Veränderungen zum Zeitpunkt Endvermögen prüfen zu können.
Je frühzeitiger agiert wird, umso eher kann ein Konflikt doch noch im besten Fall entschärft werden.
Rechtsanwältin Anja Pankow -zugleich Fachanwältin für Familienrecht-